Montag, 20. Juni 2016

Antwort einer Leserin - warum ich Bücher im Online-Handel kaufe

Im Netz liken gerade ganz viele den Brief eines Münchner Buchhändlers, der sein an Verzweiflung grenzendes Bedauern darüber ausdrückt, dass alle Welt in Amazonien kauft und nicht beim Buchhändler vor Ort. Nun, lieber Münchner Buchhändler, ich kenne Sie nicht, ich kann Sie auch leider nicht testen, weil zu weit weg, kann gut sein, dass Sie der Buchhändler wären, den ich mir wünschen würde. Aber ich kann Ihnen den Grund nennen, warum ich meine Bücher fast ausschließlich online kaufe. Der Grund ist ganz einfach: Ich habe resigniert. Ich finde ihn nicht, den Buchhändler, bei dem ich gerne kaufen würde und der mir nicht die Freude am Lesen vergällt. Ganz einfach.

*


Ich gäbe was drum, hätte ich einen. Einen Buchhändler, der mit Freude selber Bücher liest und empfiehlt und mich sachkundig und freundlich berät. Ich wäre eine prima Kundin, dankbar, treu und lohnend. Alleine - ich habe einfach nur schlechte Erfahrungen gemacht. und ich habe es ausdauernd und immer wieder versucht. In diesem Blog habe ich immer mal davon berichtet, aber untermauernd greife ich Highlights gerne nochmal auf.

Als mir begegneten:

- die Dame, die mir hochnäsig beschied, zu so einem belletristischen Werk wie Dörte Hansens "Altes Land" würde sie sich nicht äußern, das wäre unter dem von ihr für diesen Laden gewünschten Niveau. (die letzte unabhängige Buchhändlerin einer Stadt mit 100.000 Einwohnern, die sich gerade -ökonomischen Zwängen geschuldet - kleiner setzen musste. )
- die Dame, die noch nie was von David Guterson gehört hatte und mich dreimal fragte, ob ich mir sicher sei, denn sie hätte keine Lust, ganz umsonst im Computer nachzuschauen (Angestellte in einer Filialbuchhandlung)
- die Dame, die mir erzählen wollte, dass ich statt John Niven ganz bestimmt David Niven meinen würde und sich weigerte, im Lager nachzuschauen ( andere Dame, gleiche Buchhandelskette, welche an diesem Tag damit warb, dass jede Filiale "John Nivens Gott bewahre" zur TB-Premiere vorrätig haben würde)
- die Dame, die viel viel lieber Kaffeeekränzchen mit ihren Freundinnen in der gemütlichen Leseecke ihrer eigenen kleinen Buchhandlung hält, als sich zu bequemen, die wenigen Kunden, die sich zu ihr an den Stadtrand verrirren, mit mehr als der Frage "bar oder mit Karte?" zu beehren.
- der Herr, der jeder Mutter, die es wagte, seinen Laden auch nur zu betreten, direkt entgegenschleuderte: Kinder dürfen hier nur gucken, auf gar keinen Fall was anfassen. (der vorletzte selbstständige Buchhändler in o.g. Stadt, mittlerweile nicht mehr existent) .  

Dies nur ein Ausschnitt. Wie viel netter kann ich es mir da zuhause am PC machen? Tässchen Kaffee dabei und mich gemütlich durch diverse Neuerscheinungen scrollen, kleine Leseprobe hier, kleine Leseprobe dort.  Für mich war das Aufkommen des Online-Buchhandels wirklich eine große Erleichterung. Früher musste ich gekaufte Bücher manchmal wochenlang liegen lassen, bis ich die Titel nicht mehr mit dem miesen Gefühl beim Einkaufen verbunden habe. Tut mir leid, wirklich leid. Aber das bin ich mir einfach selber wert. Lesen ist für mich eine große Freude und eines der Dinge, die das Leben wirklich schöner machen. Und das will ich mir nicht mehr verderben lassen, indem ich mich im Laden anraunzen oder geringschätzig behandeln lasse. Ich bin einfach zu alt und mein Geld zu hart erarbeitet, als dass ich bereit bin, es arroganten, inkompetenten oder einfach nur unwilligen Buchhändlern zu geben. So einfach, so zugegebenermaßen traurig.

*kleiner, sehr kleiner Ausschnitt aus unserem Bücherzimmer.... 


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für deinen Kommentar!

Hinweis: Mit dem Abschicken deines Kommentars akzeptierst du, dass der von dir geschriebene Kommentar und die personenbezogenen Daten, die damit verbunden sind (z.B. Username, E-Mailadresse, verknüpftes Profil auf Google/ Wordpress) an Google-Server übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhältst du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google.