Da ist es ja. Genau das Buch, auf das ich gewartet habe. Keine Ironie! Nur Pointen. Die allerdings im Buch, um das es hier geht. Erika Mustermann von Robert Löhr. Ein kleiner, feiner Begleitroman zur Bundestagswahl mit Hilfe einer gepflegten Innenansicht aus dem politischen Leben der Piratenpartei. Und weil wir hier nicht bei der Heute-Show sind, ist es nicht die FDP , die zusätzlich ihr Fett wegkriegt, sondern Bündnis 90/die Grünen.
Erika Mustermann ist rasant geschrieben, der Autor zögert an keiner Stelle und es wurde - soweit ich es beurteilen kann - ordentlich recherchiert. Löhr beschert dem Leser jede Menge überraschende Wendungen, die manchmal nur aus einem kleinen Wink bestehen, seine Protagonisten sind zwar knapp, aber gut charakterisiert, man kann sie gut vor sich sehen. Eingestreute Tweets und Mails sorgen für den nötigen Schlüssellocheffekt und zeigen so als kleine Nebenwirkung noch das Dickicht und die Fallstricke unserer digitalen Umwelt und die immer noch unterschätzte Macht sozialer Netzwerke. Sogar Freunde von virtuellen und reellen Rollenspielen werden in einigen Sequenzen voll auf ihre Kosten kommen. An diesen Stellen bin ich mir allerdings nicht ganz sicher, wie leicht das Buch für Leser zu lesen sein wird, die nicht so firm in digitalen Thematik sind. Ich für meinen Teil war zumindest froh, mich in der Twitterwelt recht gut auszukennen.
Das Buch ist immer wieder für einen lauten Lacher gut, ebenso für ein zustimmendes Nicken oder ein irritiertes Kopfschütteln. Bei aller Ironie, allem Witz bleibt Löhr jedoch durchgehend fair. Es gibt keine Witze auf Kosten real existierender Personen, auch seinen Protagonisten nähert er sich durchaus mit Sympathie. Sein Tempo hält Löhr bis zum Ende durch. Gerade auch für das Finale hat er sich große Mühe gegeben, es macht auch gar nichts, dass er da seiner Phantasie freien Lauf ließ. Das Romanende von Friederike ist noch eher erwartbar und zwangsläufig. Aber nun gut - Friederike ist als alleinerziehende Mutter konzipiert, da sind der Möglichkeiten nun mal nicht allzu viele. So gesehen bleibt Löhr da konsequent. Während also Friedrikes Entwicklung zum Schluss nicht ganz so überrascht, hat der Autor beim Romanende von Plauschenat alle Register gezogen und sich nicht lumpen lassen.
Plauschenats Romanende ist großartig, phantastisch im Wortsinne und trotzdem im Bereich des Möglichen. Ich habe dieses Ende - welches völlig unerwartet kommt, hat man als Leser doch schon so gut wie abgeschlossen mit der Geschichte - sehr befriedigt zur Kenntnis genommen, mich großartig amüsiert. Nachgerade filmreif, großes Kino entstand da vor meinem geistigen Auge. A propos großes Kino, ich bin ehrlich davon überzeugt, dass dieser Roman eine feine Vorlage für eine dieser neudeutschen Screwball-Komödien abgeben würde. Herr Florian David Fitz, Herr Justus von Dohnanyi, lesen Sie bitte freundlicherweise dieses Buch, überreden den Herrn Löhr, ein schickes Drehbuch zu stricken, übernehmen selbst die männlichen Hauptrollen und teilen sich die Regie? Gute Idee? Ja? Ja. Bitte. Danke.
Erika Mustermann
Robert Löhr
Piper Verlag 2013
ISBN 978-3-492-05452-2
270 Seiten
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