Wer bin ich denn noch, wenn ich -
nicht mehr arbeite,
kein Feedback von Kollegen und Kunden bekomme,
die Kinder aus dem Haus sind und ihre eigenen Wege gehen?
Diese Fragen höre ich öfter. Diese Fragen treiben viele Frauen um in diesen Jahren voller Wechsel. Erst Recht, wenn all das zusammen kommt. Es gibt sogar einen Begriff dafür, das empty nest syndrom. Bezieht sich zwar hauptsächlich auf die flügge gewordenen Kinder, aber die Symptome sind eigentlich immer gleich.
Das Hamsterrad dreht sich langsamer
Gerade noch war man mittendrin im Hamsterrad und hielt grundsätzlich mehrere Bälle gleichzeitig in der Luft. Und jetzt? Melden sich die Kinder zwar noch häufig, der Kontakt ist eng und liebevoll, aber sie tragen selbst ihre Verantwortungen, sie führen ihr eigenes Leben. Die ehemaligen Kolleginnen melden sich auch noch, einige sind auch schon zuhause. Wir treffen uns zum Frühstück, manchmal auch noch zur altvertrauten Mittagspausenrunde, aber wir sind kein Team mehr. Wir spielen keine tragende Rolle mehr in unseren Alltags-Leben.
Was macht uns Frauen in der Lebensmitte aus?
Wer also sind wir jetzt noch und viel wichtiger, was können wir werden? Was fangen wir an mit dem Rest unseres Lebens? Zunächst einmal: Wir sind wir. Wir sind Mitte 50 - 60 und dürfen stolz sein auf das, was hinter uns liegt. Was wir bewältigt haben, was wir gut gemacht haben. Wir können jetzt ernten, was wir gesät haben. Und wenn wir für den Rest unseres Lebens gar nichts mehr tun außer Spaß - ist das auch ok. Ich sehe die Wechseljahre als Geschenk. Ein großes Geschenk mit einer glitzernden Schleife drum. Ich kann das tun, was ich tun will. Ich kann so sein, wie ich will. Mir ist egal, wie andere mich sehen, was andere von mir denken. Wichtig ist mir, dass ich mich wohlfühle mit dem, was ich tue. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen, ich muss mich mit nichts und niemandem mehr vergleichen, allenfalls mit mir selber.
Eine Weisheit für jedes Lebensalter
Es gilt in jedem Alter: Niemand wird Dein Leben für Dich führen oder es ändern. Das müssen wir schon selber machen. Und wenn wir unser Leben selbst in die Hand nehmen, werden wir auch etwas anderes noch ändern. Ja, wir kommen kaum bis gar nicht mehr vor in der Wahrnehmung der Gesellschaft. Sind wir ab 50 unsichtbar? (Wir sind nicht mal mehr Personen, die gebären können. Sorry. off Topic, aber der musste jetzt sein) Wir sind halt keine Zielgruppe mehr. Außer vielleicht für Liftas, Hörgeräte und Einlagen für Blasenschwäche.
Wer, wenn nicht wir, kann den Blick ändern, den die Gesellschaft auf uns hat. Je liebevoller wir mit uns selber umgehen, je liebevoller wir auf uns selber blicken, desto weniger unsichtbar sind wir, desto weniger werden wir belächelt. Wir sind das, was wir ausstrahlen. Das, was wir anderen vermitteln, zu sein. Wenn man weiß, wer man ist, was man kann, was man will, strahlt man das auch aus.
50 plus - jetzt dürfen wir gut zu uns selbst sein
Heißt im ersten Schritt: Wir müssen uns mögen, wir müssen freundlich zu uns sein. Ich merkte es deutlich, merke es immer noch: Ich hab nicht gut auf mich aufgepasst. Ich selbst habe mich immer an die letzte Stelle gesetzt. Weil es einfacher war, in der to-do-List das zu streichen, was nicht to do sondern to can war. Seit ich zuhause bin, merke ich, ich erhole mich. Mit Rückschlägen. Aber es wird. Egal, was anliegt: Ich gönne mir jetzt jeden Tag etwas nur für mich. Das muss, soll und braucht nichts Materielles sein. Aber ich gönne mir Zeit für mich. Die Workouts am Morgen, ein bißchen extra Wellness im eigenen Bad. Alleine das - das Gefühl, Zeit zu haben, mich ausgiebig zu pflegen, tut mir unglaublich gut. Ja, wir werden älter. Ja, die Erholungsphasen, die wir benötigen, werden länger.
Diese Zugeständnisse an uns selbst sind ein erster Schritt, aber mich haben sie einen Teil des Weges voran gebracht. Seitdem das Hamsterrad sich ohne mich dreht, ist mir eine Selbstverständlichkeit klar geworden: Niemand anders als ich selbst hat exakt die Fähigkeiten und das Wissen, dass ich habe. Das, was ich jetzt bin, was ich kann, habe ich in meinem Leben gelernt. Es ergibt sich aus meinen Lebensumständen, meinen Erfahrungen. Es gibt genau eine Person auf der Welt, die genau das hat. Und genau das macht mich einzigartig. Ebenso Dich. Und Dich. Und Dich auch.
Also: seid gut zu Euch.
Gesteht Euch die Erholungsphasen zu und seid stolz auf Euch. Ich genieße es, freundlich zu mir selbst zu sein. Ich genieße es, mich morgens fertig zu machen und mit meinem Bild im Spiegel zufrieden zu sein. Auch wenn ich den ganzen Tag keinen sehe - aber es macht enorm viel aus für mein Gefühl, mich schick anzuziehen und etwas aufzurüschen. Einfach, um mir selbst zu zeigen: Ich bin es mir wert.
Feel good first
Und zu guter Letzt: Die meisten von uns sind nicht alleine, die meisten von uns leben in einer Partnerschaft. Eine Partnerschaft, die viele auch erst wieder neu entdecken müssen. Glaubt mir, das lohnt sich auch und kann viel Spaß und Erfüllung bringen. Sucht Euch etwas, was nur Euch gehört. Was Ihr zusammen macht. Es muss ja nicht immer gleich ein Boot sein ;)
Bekanntes Motto: Feel good first. Rest will follow.
Fazit: Wir sind alt genug, um nichts mehr zu müssen. Aber jung genug, um noch alles zu können.
Disclaimer: Dieser Beitrag wurde bereits im Februar 2024 erstmals in diesem Blog veröffentlicht. Da mir dieser Beitrag aber sehr wichtig ist, habe ich nochmal zur Veröffentlichung freigegeben. Dieser Blog wird sonst nicht mehr aktiv bespielt. Ich habe mittlerweile eine eigene selbst gehostete Webseite, die auch meinen Blog weiterführt. Dort sind Kommentare geöffnet und es ist eine lebhafte Community entstanden. Jeder, der seine Freiheit im Alter genießen und entspannt älter werden möchte, findet dort jede Menge Anregungen.
Ihr seid mir dort von Herzen willkommen:
Man kann sich das gar nicht oft genug sagen, dass man selbst sein größter Unterstützer sein darf. Sehr gut formuliert. Das merk ich mir.
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