Broadchurch
Beklemmende Krimiserie aus Großbrittanien, die den Zuschauer mit der bitteren Erkenntnis zurücklässt, dass es in manchen Geschichten einfach nur Verlierer gibt. Allen Bemühungen zum Trotz. Die Hoffnung stirbt zuletzt - aber manchmal stirbt sie eben. Einfach so.
Im malerischen kleinen ( fiktiven Küstenstädchen) Broadchurch wird ein kleiner Junge am Strand tot aufgefunden. Die Ermittlungen fördern Geheimnisse zutage - jeder im Ort hat seines und meist ist es dunkel. Erzählt wird in klassischer Whodunit-Manier, mit leisen Mitteln wird kaum aushaltbare Spannung erzeugt, die sich vor allem daraus speist, was mit dem Dorf und seinen Menschen geschieht, wenn jeder jeden verdächtigt.
Die Serie wurde chronologisch gedreht, Folge für Folge. Die Darsteller wussten selbst bis kurz vor Drehbeginn jeder Folge nicht, wie es weitergeht. So wusste bis zur letzten Folge der ersten Staffel auch keiner, wer der Mörder ist. Weder der Darsteller des Mörders noch die der Ermittler noch die der Familie - keiner. Was der Spiel der ohnehin ausgezeichneten Darsteller noch authentischer und unvermittelter machte. In der zweiten Staffel wird die Serie dann teilweise zum nicht minder spannenden Gerichtsdrama um Schuld und Sühne. Eine dritte Staffel ist in Planung.
Weiteres Merkmal: gelegentliche Twin-Peaks-Momente
Darsteller: in den Hauptrollen David Tennant ( bekannt aus Dr.Who und Harry Potter) und Olivia Colman ( in Großbritannien gefeierte Schauspielerin ) - beide zum Niederknien gut.
+Update+
Mittlerweile haben wir Staffel Zwei und Drei ebenfalls gesehen. Staffel Drei haben wir gestern abend beendet und ich bin immer noch sehr angefasst davon. Daher auch das dringende Bedürfnis nach einem Update - und der fast schon mantra-artigen Wiederholung: Schaut diese Serie. Unbedingt. Für mich gehört sie zum Besten, was Fernsehen hervorgebracht hat in diesem Jahrtausend.
Staffel zwei klärt einen Fall auf, der schon in Staffel 1 Erwähnung fand und der die Figur des David Tennant über seine Grenzen brachte. Daneben ist Staffel 2 wie bereits erwähnt ein Gerichtsdrama, welches die Geschehnisse der ersten Staffel versucht, aufzuarbeiten. Die Betonung liegt auf "versucht". Staffel 2 ist die schwächste der drei Staffeln, aber im Vergleich mit anderen Krimiserien immer noch eine Welt für sich. Vor allem das Staffelfinale ist unfassbar intensiv, bedrückend und beklemmend, mit nur wenigen Hoffnungsschimmern für das weitere Leben der Protagonisten.
Staffel 3 dann bringt die Serie zu einem absolut würdigen, wenn auch nicht gerade hoffnungsvollerem Ende. Es wird eine Serie von Vergewaltigungen aufgeklärt, so dicht, so respektvoll, so nah dran an denen, die durch diese Taten großes Leid erfuhren (und das sind nicht nur die, die diese Tat erleiden mussten), wie es noch nie zuvor gezeigt wurde. Der Serie gelingt das Kunststück, neben der Whodunit-Spannung klar herauszuarbeiten, worum es bei Vergewaltigungen geht: Um Kontrolle und Macht. Und vor allem, dass die betroffenen Frauen keine Schuld trifft. Keine! So deutlich ist das noch nie gezeigt worden. Ein großer Verdienst.
Daneben erzählt Staffel 3 auch, wie und wohin sich das Leben der Familien entwickelt hat, die in Staffel 1 im Mittelpunkt standen. Diese Erzählung bringt nichts zu Ende und ist unendlich traurig. Vor allem der Figur des Mark Latimer, der Vater des ermordeten Jungen, kann man nur schwer aushaltbar zuschauen. Hoffnungsschimmer sind am Ende - die Frauen. Die, die leiden, die, deren Herzen unheilbar und für immer gebrochen sind, die trotzdem weitermachen, irgendwie. Weil es ihnen aufgebürdet wird. Weil sie müssen. Wohl auch weil sie können. Für ihre Kinder. Und weil es kein anderer tut.
Eine weitere Staffel wird es nicht geben. Dies hat Serienschöpfer Chris Chibnall unzweifelhaft klargestellt. Auch wenn selten eine Serie ein so großes Sucht-Potential hatte, ist es sicher gut so, bevor die Serie noch ihre eigene Legende zerstört. Man sagt es oft so dahin, aber hier ist es so: besser kann man es nicht mehr machen.
Staffel eins und zwei waren im ZDF zu sehen. Ob Staffel drei noch ins Free-TV kommt, dazu gibt es derzeit keine verläßliche Aussage. Alle drei Staffeln sind derzeit bei Netflix verfügbar.