Mittwoch, 30. Dezember 2015

Was vom Jahr so übrig blieb - das war 2015, Teil I des Jahresrückblicks

Die klassische Frage: Was wird es sein, wenn wir dieses Jahr erinnern? Ohne Frage - globalgalaktisch wenig bis kaum Gutes. Es war ein Jahr öffentlicher Tragödien vorher kaum geahnter Dimensionen. Das Jahr begann mit einem feigen Anschlag auf ein französisches Satire-Magazin, im März trauerten wir mit den Angehörigen des Germanwings-Dramas, ab dem Frühsommer beherrschte das Leid der Flüchtlinge unser Denken und unsere Debatten. Dazwischen retteten wir Griechenland und das Klima mehr schlecht als recht und im November erschütterten wiederum feige Terroranschläge Paris und mit der Stadt des Lichts ganz Europa. Für die Jüngeren, die sich bis jetzt in relativer Sicherheit wiegten, waren es die ersten Terroranschläge, die sie ganz bewusst mit verfolgten. Wie ich die Tage las, nennen sie sich schon mit irritierender, knapp am Thema vorbeiführender Chuzpe die Generation Bataclan.  

Was aber ganz gut zu der Beobachtung passt, die man das ganze Jahr über machen konnte und an der man nicht vorbei kam. Wenn eines auffällig war, dann dies: der ungebremste, hemmungslos ausgelebte Hang zur Betroffenheitsprofilierung. Im Januar waren alle Charlie Hebdo, lästerten gleichwohl lüstern über den Dschungel weiter, im März brannten Kerzen allüberall, ab dem Sommer war es Ehrensache - sofern nicht ver-gida-isiert - mindestens ein "Refugees welcome" in sein Profilbild einzufügen und nach dem 13. November .... ach, ach. Keine Frage, kollektive Trauer in allen Ehren, natürlich Respekt für die vielen freiwilligen Helfer, aber darum geht es nicht (nur). Sich derart hemmungslos auf Kosten der Opfer zu profilieren, ist auch eine Art von Mißbrauch. Man kann es gar nicht oft genug sagen.

Knapp am Thema vorbei auch andere dafür anzugehen, dass sie trotz des Elends auf der Welt ganz dreist ihr Leben weiterleben. Wir bekamen es hautnah am Tag des Endlich18 zu spüren, welcher mit dem Germanwings-Drama zusammen fiel.  Diejenigen, die dem Geburtstagskind und Schulsprecher in Personalunion sogar das Recht absprachen, an diesem Abend im kleinsten Familienkreis essen zu gehen und meinten, all ihr Betroffenheits-Profilierungs-Verlangen habe Vorrang - diejenigen waren natürlich die, die am schnellsten zur Tagesordnung übergingen und heute mit Sicherheit keinen Gedanken mehr an ihr Benehmen an diesem Tag verschwenden. Wir hingegen werden wohl jedes Jahr am 24.03. auch daran denken müssen.

Natürlich - auch mich hat vieles erschüttert und mein pessimistisches Gefühl von "Es gibt keine Sicherheit, nirgends" bestätigt.  Dennoch - ich gebe es durchaus zu: Mich begleitete auch ein Gefühl von Demut und Dankbarkeit. Vor allem in den Stunden, in denen meine Lieben um mich waren. Dankbarkeit dafür, dass wir gesund und zusammen sind, Zusammen, um die Probleme, die sich in unserem Umfeld ergeben, gemeinsam anzugehen, aber auch um die schönen Dinge, welche das Leben bereithält, zu genießen. Dankbarkeit für die Freunde, die uns umgeben und mit denen wir auch in diesem Jahr wieder schöne Stunden erleben durften.

Auch und gerade deswegen möchte ich nicht auf meinen gewohnten privaten Jahresrückblick verzichten. Es erscheint mir jedoch zynisch und unpassend, dies in einem Post mit den bereits angesprochenen Themen zu tun, deswegen gibt es den Jahresrückblick in diesem Jahr in zwei Teilen. Zunächst wünsche ich Euch einen schönen Ausklang des Jahres mit friedlichen, versöhnlichen Momenten.

Lichtblick des Jahres: Der hashtag "Porte Ouverte"
Wunsch des Jahres: Imagine all the people living life in peace 
Solidarität des Jahres: Die Farben der Tricolore 

Bild ©Das Engelchen
Fortsetzung folgt. (Sehr wahrscheinlich erst im neuen Jahr)


12 Kommentare:

  1. Ja, was soll man da noch sagen, wie immer toll geschrieben und tief anrührend. Erinnern wir uns aber auch an die positiven Bilder, wie die weltweite Solidarität nach den Anschlägen und die Hilfsbereitschaft für die ankommenden Flüchtlinge; am Hbf München habe ich das ja selbst mitbekommen.

    Und was das Thema Betroffenheit angeht, halte ich es mit Herrn Westernhagen: "Alle, die von Freiheit träumen, soll'n das Feiern nicht versäumen."

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    1. Das sind sicher Bilder, die Hoffnung geben und die auch tragen. Hoffen wir, dass sie vorherrschen werden!

      Herrn Westernhagen habe ich ja aus den ein und anderen Gründen unterhalb meiner Wahrnehmungsgrenze geschoben, aber ja - dieses Lied mochte ich auch mal sehr. Und auch wenn er seine eigenen Weisheiten nicht immer so wirklich beherzigt, diese ist schon wahr.

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  2. Ups, fast verpasst! Gut, dass ich noch einmal in meine Twitter-Listen eingestiegen bin :)

    Ich habe für mich gerade überlegt, dass es ein gutes Jahr war. Insofern gehöre ich wohl zu denen, die verdrängen. Und ja, der Abschluss des Jahres war dann eher wieder sehr Murphy-geprägt, aber das soll ja mal nicht den Rest überdecken, denn wie oft haben wir uns dann doch geschrieben, dass es gerade so plätschert?

    Viel passiert ist dennoch, und einiges zu betrauern gab es auch.

    Und doch hat vieles Bestand, und das mag ich!

    Bin gespannt auf Teil II :)

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    1. Nein, von Murphy am Ende lassen wir uns nicht irritieren.
      Bleiben wir gespannt und aufgeschlossen für alles, was da kommt. Denn das immer wieder was kommt, das haben wir ja wohl gelernt in den letzten Jahren.
      und ja - ich bin auch sehr dankbar für das, was Bestand hat. Das haben wir gut gemacht !

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    2. Ja für mich war es auch ein gutes Jahr! Man muss das auch einfach in "privat" und "Weltgeschehen" unterteilen wenn man das Jahr rückblickend beurteilen will! Die Idee mit den zwei Jahresrückblicken finde ich deshalb sehr gut...

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    3. Ja, das ging dieses Jahr irgendwie auch echt nicht anders...

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  3. Du sprichst mir mal wieder aus der Seele. Dieses Jahr hatte viele aufwühlende Ereignisse für die Welt parat, trotzdem dürfen wir uns an unseren kleinen persönlichen Glücksinseln erfreuen. Das lass ich mir auch nicht verbieten.

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    1. Ich neige dazu, mir gerne ein schlechtes Gewissen einreden zu lassen - aber ich bessere mich :) Lassen wir uns an dem erfreuen, was wir haben ! Auch das macht uns ja schließlich empathisch.

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  4. Hoffentlich hält 2016 mehr positive Ereignisse (ich beziehe mich jetzt auch nur auf das Weltgeschehen und nicht auf den privaten Bereich) bereit als 2015! Denn trotz der Lichtblicke die es gab, so hat das Schlechte doch das Gute um einiges übertroffen...!
    Und ich könnte mich auch immer noch aufregen dass man dem endlich 18 seinen Ehrentag nicht gönnen wollte...!

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    1. Ich bn mir da gar nicht immer so sicher, ob das wirklich so war oder ob das nur unsere Wahrnehmung ist.... oder diese Flut von Nachrichten, die alles bis in Kleinste durchkaut. Es gab auch schon andere furchterregende Jahre, aber da waren wir nicht so angsterfüllt wie jetzt.... Muss man nochmal tiefer drüber nachdenken...

      Ja, das ärgert mich auch immer noch! Und ich hab auch das Gefühl, dass er das persönlicher genommen hat als gut ist...

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    2. Diese Theorie hab ich auch schon von anderen gehört aber ich hab das Gefühl dass es schlimmer war...

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    3. Jedenfalls hast Du insofern Recht, als dass es mehr Schlimmes als Gutes gab und das Gute wirklich nur Lichtblicke waren. Aber dennoch glaube ich, die Panikmache tut ein Übriges....

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