Eine Familie im Bürokratie-Wahnsinn
Darf ich uns vorstellen? Wir sind eine vierköpfige Familie. Vater, Mutter, zwei Söhne, volljährig und im Studium. Der eine 23 und im Jura-Studium, der andere 20 und im BWL-Studium. Vater und Mutter arbeiten beide, denn sonst wäre es überhaupt nicht möglich, den Jungs ein Studium zu ermöglichen. So weit so gut. Betrachtet auch keiner als Opfer. Denn erstens: So war der Plan. Zweitens: Es ist aus vielerlei Gründen wichtig, auch als Mutter weiter arbeiten zu gehen. Aber das ist ein anderes Thema.
Was mich daran wahnsinnig macht und wütend noch dazu, sind die Risiken und Nebenwirkungen dieser Lebensform. Wir gehen also beide arbeiten, zahlen seit mehr als 30 Jahren fleißig und reichlich Steuern und Sozialabgaben, geben alle Erklärungen ab. Pünktlich und zuverlässig. Dauernd jedoch müssen wir weitere Unterlagen beibringen. Indirekt wird uns unterstellt, den Staat oder die Sozialkassen unrechtmäßig zu belasten. Uns. Die wir abgesehen vom Kindergeld noch nie einen Cent oder früher einen Pfennig staatlicher Unterstützung beantragt haben.
Beispiele für Bürokratie-Wahnsinn
aus dem lustigen Kaleidoskop meiner unbezahlten Nebentätigkeit als Managerin unseres kleinen Familienunternehmens:
gefangen im Chaos der Bürokratie |
Kindergeldkasse
Die Kindergeldkasse stellt die Zahlung für den 23jährigen ein. Die können wir neu beantragen, sollte er noch studieren. Mit aufwändigem Bürokraten-Formular-Aufwand selbstredend. Nicht, dass ich nicht freiwillig jedes Jahr die Studienbescheinigungen vorlege, um diesem zu entgehen. Eine Nachfrage hätte ich in diesem Zusammenhang noch verstanden, aber auch schon überflüssig gefunden. Aber nein, da wird erstmal eingestellt und dann kann der blöde Bürger sehen, wie er an das kommt, was ihm zusteht. Gut, dass ich des Deutschen voll mächtig bin, sonst müsste ich noch einen Dolmetscher beauftragen. Den dann natürlich der Staat bezahlen würde. Äh nein, halt. In meinem Fall nicht. Ich arbeite ja. Da ist das ja mein Problem.
Krankenkasse
Die Krankenkasse teilt mit, die Voraussetzungen für die Familien-Versicherung für den 23jährigen sind nicht mehr gegeben. Er wird ab dem so und so nicht mehr versichert sein. Diese Mitteilung kommt selbstredend mit einer angemessenen Frist von genau 2 Tagen. ( Tage, nicht Werktage, damit wir uns da richtig verstehen ) Sollten die Voraussetzungen doch weiter erfüllt sein ( siehe beiliegendes 4 seitiges Merkblatt, welches wir uns durchzulesen haben ) können wir die Fortführung der Versicherung neu beantragen. Gut, dass wir nicht in Urlaub waren und der 23jährige nicht ausgerechnet in der Schwebezeit krank wurde. (by the way: Der Jura-Student ist voll in der Regelstudienzeit, was bei Jura eher ungewöhnlich ist. Elogen über Freizeit-Studenten können sich geneigte Kommentatoren also sparen)
Familienversicherung
Die Krankenkasse schickt weiter einen Fragebogen, jährliche Prüfung der Voraussetzungen für eine Familienversicherung. Frist: zu beantworten binnen zweier Woche, bis zum so und so. Nur doof, dass von den zwei Wochen schon eine drauf gegangen ist für den zentralen Postversand der Krankenkasse. Aber gut, dass wir nicht im Urlaub sind. Ganz blöd dabei, der 20jährige hat im letzten Jahr einige Wochen als Werksstudent gearbeitet. Zwar in einem Rahmen, der die Fortführung der Familienversicherung erfüllt, aber dennoch hat die Krankenkasse diese im letzten Jahr erstmal vorsorglich gekündigt. Wenn doch, dann könnten wir usw. Sie ahnen es schon und gut, dass wir nicht in Urlaub waren und in der Schwebezeit keiner krank wurde. (Schade, dass wir nicht über das Amt sozialversichert sind, dann hätten wir den Aufstand nicht) Die Korrespondenz bezüglich der Weiterversicherung während der Werksstudentenzeit erstreckt sich übrigens über 14 Seiten insgesamt. Ich habe gerade nachgezählt. Für die jährliche Prüfung muss ich das nämlich alles nochmal bestätigen und ausfüllen. Hoffen, dass es reicht und der Meldebescheinigung Glauben geschenkt wird und wir nicht noch den Werksstudenten-Arbeitgeber um eine Bescheinigung bitten müssen.
Finanzamt
Das Finanzamt hat die Steuererklärung pünktlich bekommen, meldet sich 2 Monate später und verlangt Bestätigungen des Arbeitgebers über Dienstreisen. Da kann ja jeder kommen und das so angeben.
Was, wenn ich krank werde
Dem gegenüber steht: Ich habe Rücken. Die Krankenkasse zahlt keine Massagen, kein Fango, keine Krankengymnastik. Vielleicht später mal, wenn ich einen Bandscheibenvorfall habe. Ich habe noch einen anderen unklaren Befund, muss zum Facharzt. Nächster freier Termin: 20 Oktober. Immerhin noch in diesem Jahr. Schade, dass ich noch arbeite. Sonst könnte ich sicher mal zur Kur. Wie soviele Rentner, von denen ich allwöchentlich höre. Aber gut, dass die Fipronil-Eier nicht gesundheitsschädlich sind und prima, dass sich das anderes mit einem Software-Update einfach so wegdieseln lässt.
Im Bürokratie-Wahnsinn:
Was ich damit sagen will: Ich habe heute den ganzen Vormittag damit verbracht, die diversen Amtsschimmel zu besänftigen und morgen gönnen wir uns was. Da fahren wir nämlich an den Niederrhein. (So ich bis dahin alle Fragebögen ausgefüllt bekomme) Beim Papa nach dem Rechten schauen. Besser, wir machen das. Nicht, dass der noch in die Mühlen des Bürokratie-Wahnsinns gerät. Auch der sollte besser gesund bleiben, denn wenn nicht - das wird jede Vorstellungskraft sprengen. Ich begleite oft genug Horrorgeschichten dazu. Dann ist hier richtig Schluss mit lustich und Studium bezahlen können sowieso.
Kein TGiF
Ihr ahnt es schon: Ein TGiF wird es diese Woche nicht geben. #ausgründen.
Befürchtung der Woche: Heute stehe ich noch am Rande des Wahnsinns. Schon morgen könnte ich den entscheidenden Schritt weiter sein.
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