Donnerstag, 9. Juni 2016

Und noch ein Serientipp der Woche: 11.12.63 - der Anschlag

Ein Gastbeitrag von meinem guten Freund Spieler7 


Jake Epping, 35 ist Englischlehrer in Lisbon Falls, einem Nest in Maine und führt ein eher durchschnittliches Leben. Das ändert sich jedoch schlagartig, als ihm sein Kumpel Al Templeton in der Abstellkammer seiner Imbissbude ein Tor in die Vergangenheit zeigt. Die Regeln sind einfach: Bei jedem Eintritt gelangt man zum 21. Oktober 1960 und bei jeder Rückkehr sind in der Gegenwart genau zwei Minuten vergangen. Außerdem wird bei jedem erneuten Durchschreiten ein kompletter Reset gestartet, sämtliche bei vorherigen Besuchen ausgelösten Änderungen sind hinfällig.

Al hatte einen großen Plan: Er wollte in der Vergangenheit bis zum Jahr 1963 ausharren und den Mord an Präsident Kennedy in Dallas verhindern, indem er den Attentäter Lee Oswald vorher tötet. Lungenkrebs im Endstadium zwingt ihn jedoch zur vorzeitigen Rückkehr und er bittet Jake, den Job zu übernehmen. Dessen anfängliche Skepsis wird bald von Neugier besiegt und so stürzt er sich in das ungewöhnliche Abenteuer. Und das ist erst der Anfang, auf Jake wartet nicht nur die Liebe seines Lebens, sondern auch eine Vergangenheit, die sich partout nicht ändern lassen will...

Es gibt im Leben Momente, in denen man innehält, weil einem bewusst ist, dass das soeben Geschehene den Lauf der Geschichte nachhaltig verändern wird. Der 11. September war so ein Ereignis, die Ermordung von John F. Kennedy ein anderes. Es gibt darüber unzählige Bücher, Filme und Dokumentationen; Lou Reed hat ein wunderbar anrührendes Lied geschrieben ("The day John Kennedy died"), auch Axl Rose sang: "And in my first memories they shot Kennedy". Und mit Stephen King (auf dessen gleichnamiger Romanvorlage die Serie beruht) nahm sich vor einigen Jahren auch der erfolgreichste Schriftsteller der Welt des Themas an.

King wählt dabei einen eigenen Ansatz: Er lässt die Verschwörungstheorien (an die er übrigens im Gegensatz zu seiner Frau nicht glaubt) weitgehend außen vor und schickt seinen Ich-Erzähler in die Vergangenheit, um diese zu ändern - mit allen (unbekannten) Konsequenzen. Er hält sich dabei eng an die historischen Vorgaben der Personen und Schauplätze im Dunstkreis von Oswald und verleiht dem Roman somit zusätzlich Authentizität. Natürlich ist auch das Leben in dieser Zeit ein weiteres Hauptthema und dieses Leben ist durchaus zwiespältig, denn neben der unbeschwerten Fröhlichkeit kleinstädtischer Tanzveranstaltungen und nachbarschaftlicher Empathie haben ebenso provinzielle Bigotterie und alltäglicher Rassismus ihren festen Platz.

Die filmische Umsetzung hält sich einigermaßen eng an die literarische Vorlage, auch wenn die Handlung gestrafft wurde (kein Wunder bei einem 1.000 Seiten-Roman) und da Stephen King selbst daran beteiligt war, findet die Serie auch Gnade vor den Augen des Meisters (im Gegensatz etwa zu Kubrick’s »Shining«). Mit acht Episoden vergleichsweise überschaubar und in Hauptrollen mit James Franco und Sarah Gadon exzellent besetzt bietet »11.22.63 – Der Anschlag« vor dem historischen Hintergrund ausgezeichnet spannende TV-Unterhaltung, die mitunter auch zutiefst anrührend ist, mehr kann man als Kassenpatient nicht verlangen.


P.S.: Die Ausstrahlung lief in Deutschland bei Sky, dürfte aber demnächst wohl auch auf anderen Plattformen erhältlich sein.

©Text von derSpieler7

Anmerkungen der Bloginhaberin:
1. Dem Spieler7, Autor dieses formidablen Gastbeitrags könnt Ihr folgen:
Auf GooglePlus und auf Twitter