Mittwoch, 9. Dezember 2015

Die Couch Affäre

Ok. ich gebe es zu. Angedeutet hatte ich es ja schon. Ich habe eine Affäre.

Nicht mit der Couch, eher auf der Couch. Gut, ok. Ich gebe noch was zu. Das war jetzt ein platter Einstieg, Bauernfängerisch nachgerade. Aber irgendwie muss man ja die Leute auf seinen Blog locken und bekanntermaßen: Sex sells.

Des Rätsels Lösung: Ich habe eine neue Serie entdeckt. Im Moment bin ich ja die Streaming Queen, da ich aus Gründen beschlossen habe, mir ganz stringent regelmäßig Ruhe anzutun. Genau dafür gibt es kaum Besseres, als sich auffet Cöuchken zu platzieren und seinem Serienjunkie-Ich neues Futter zu geben. Meine neueste Entdeckung ist die Serie "The Affair" und wird in Deutschland ganz prime bei Amazon angeboten.

"The Affair" ist eine amerikanische Serie, relativ neu sogar noch. Amazon hat die komplette erste Staffel, die zweite ist gerade in Amiland angelaufen und Amazon zeigt die Folgen auch schon, mit nur einer Woche Zeitverzögerung nach Erstausstrahlung in Amiland. Es geht um eine außereheliche Affäre, klar, dachte man sich schon. Schauplatz sind New York und die Insel Montauk in den Hamptons. Die Affäre beginnt ganz klassisch in der Sommerfrische, Sommergast trifft auf Kellnerin und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.

Noah ist vierfacher Familienvater, bis dato eigentlich ganz gerne verheiratet, arbeitet als Lehrer und sammelt erste Meriten als Schriftsteller. Er ist ein ernsthafter Mensch, ein idealistischer Mensch, einer der zu seiner Verantwortung steht.

So sieht er sich zumindest selbst.

Alison ist eine Frau in den Dreißigern, ebenfalls verheiratet. Sie lebt schon ihr ganzes Leben auf der Insel, ihr Mann Cole betreibt mit seiner Familie dort eine Ranch. Sie liebt ihren Mann, seine Familie ehrt sie. Sie ist eine zutiefst unglückliche Frau, sie hat vor zwei Jahren ihren Sohn verloren und versucht, ihren Weg ins Leben zurück zu finden. Bis zu ihrem 35 Lebensjahr hat sie sich Zeit gegeben, hat sie es bis dahin nicht geschafft, ins Leben zurück zu finden, wird sie es sich nehmen. Das einzige, was sie sich lebendig fühlen lässt, ist Sex. Diesen hat sie oft und ausführlich mit Cole.

So sieht zumindest sie sich selbst.

Aber was, wenn Noahs Bild von Alison ein ganz anderes ist, als das,welches Alison von sich selber hat. Noah sieht sie als unbekümmerte Verführerin, wie er darauf kommt, weiß wohl nicht mal er selbst. Wahrscheinlich passt ihm das gerade ganz gut. Auch Alisons Bild von Noah ist ein ganz anderes als das, welches Noah von sich selber hat. Sie beginnen ihre Affäre, aber ihre Erinnerungen an diesen Beginn und den Fortgang sind vollkommen unterschiedlich.

Das weiß der Zuschauer, weil jede Folge von "the Affair" geteilt ist. In der ersten halben Stunde wird die Geschichte aus Noahs Sicht erzählt, in der zweiten Hälfte dann aus ihrer. In Staffel zwei kommen dann noch in einigen Folgen die Perspektiven der betrogenen Ehepartner dazu. Und es ist absolut frappierend, wie sich die Geschichten unterscheiden. Mal sind es nur Nuancen, mal ganz eklatante Unterschiede. Selten, dass sie überhaupt in ihren Erinnerungen auch nur in solch simplen Details wie z.b. Kleidung übereinstimmen. In Noahs Erinnerungen ist Alsion immer aufreizend und sexy gekleidet, wenn Alison zurückdenkt, sieht sie sich selbst in Jeans und T-Shirt oder in züchtigen Oma-Kleidern. Ermöglicht wird dieser stilistische Trick durch die Rahmenhandlung, in der beide getrennt voneinander von einem Detective befragt werden. Zu einem Verbrechen, von dem der Zuschauer zunächst kaum etwas erfährt (True detective lässt grüßen )

Im Grunde genommen passiert gar nicht besonders viel, "the Affair" lässt sich enorm viel Zeit, die Geschichte zu entwickeln und eine Handlung in Gang zu setzen. Freunde von episch auserzählten Geschichten wie ich kommen dabei sehr auf ihre Kosten. Dass die Serie dennoch ungemein spannend ist, liegt an den großartigen Schauspielern. Noah wird dargestellt von Dominic West, vor allem aus "The Wire" bekannt, dem man jede Regung abnimmt. Eine absolut sensationelle Leistung aber liefert die Britin Ruth Wilson ab, die bisher eher in historischen Kostümfilmen gefiel. Wie sie einmal die unbekümmerte Sexbome gibt, dann wieder die zerrissene unglückliche Frau, das ist schon sehr speziell. Und ungemein spannend. Die Spannung an sich speist sich wirklich nur aus der Psyche der Beiden und ihrer unterschiedlichen Wahrnehmungen. Und das ganz ohne jeden Mystery Effekt. Nur aus der Gedankenwelt heraus Die Eulen sind nicht, was sie scheinen.....

So. Um zum Einstieg zurück zu kommen, ja - es gibt tatsächlich auch Sex. Viel Sex sogar. Und recht explizit. Erstaunlich für eine Ami-Serie, selbst wenn sie aus dem Pay-TV kommt. Die Szenen sind gut gemacht, nicht abgeschmackt, sondern schon glaubhaft Leidenschaft vermittelnd. Jedenfalls soviel und so explizit, dass ich mir neulich schon Gedanken gemacht habe, wer von der Straße oder von gegenüber wohl auf unseren Bildschirm lünkern könnte und denken: Watt macht die olle Frau vonBelang da nachmittags auffe Couch, guckt die heimlich Pornos? Solltet Ihr also nachmittags in der Whisteria Lane vorbeifahren und runtergezogene Rollos hinter Hollywood entdecken - ich bin dann auf der Couch. Mit meiner Affäre. Wissta Bescheid, wa.

Nachtrag: Mittlerweile habe ich auch Staffel zwei gesehen und diese ist ebenso großartig wie die erste, wenn nicht noch großartiger. Vor allem das Ende! So geht Staffelfinale ! Genauso! Selten einen so genial unerwarteten Cliffhanger gesehen.