immer noch. Und immer noch einzigartig, unverwechselbar, wunderschön.
Noch immer trägt er einen schwarzen und einen weißen Schuh, einen schwarzen Hut, an dem Luftballons schweben, verwandelt die Bühne mit Unmengen PingPongBällen in eine Traumlandschaft und zaubert Sternenstaub aus seiner Hosentasche hervor.
Hermann van Veen gestern abend im Ruhrfestspielhaus Recklinghausen.
11.11.09, HvV in RE
Der Harlekin aus dem kleinen Königreich am Meer - immer noch gibt es keine Schublade, in die er passt. Liedermacher, Gutmensch, all diese Plattitüden, sie greifen zu kurz. Dafür ist sein Stil zu speziell, zu eigenwillig, auch zu harlequinesk. Gestern abend erlebte ich ihn nach langer Zeit wieder live. In den letzten Jahren war er (leider, wie ich heute sage) aus meinem Blickfeld verschwunden. Dabei gehörte sein Liedgut seit meiner Kindheit zu meinem Leben. Nicht nur der legendäre Alfred Jodokus Quack brachte ihn mir nahe. Die grenznahe Stadt, in der ich groß wurde, war (bis heute) immer die erste Station seiner Tourneen. Im Sommer durchforstete ich meine alten Musik-Kassetten und fand dabei eine, auf der ich dareinst ein Live Konzert auf Radio Hilversum aufnahm. Diese Cassette begleitete damals meine Freundin und mich auf unseren ersten Urlaubsreisen ohne Eltern. Die Wehmut, die mich ergriff, veranlasste den kreativen Geist des Hauses, mir die Karten fürs gestrige Konzert zu schenken und ich hab es sehr genossen. Wie ausnahmslos auch das übrige Publikum im bis auf den letzten Platz ausverkauften Ruhrfestspielhaus. Zwar sind nach van Veens eigener Statistik 53 Prozent seines Publikum mittlerweile verstorben, aber der Rest, der Glück gehabt hat und noch lebt, erklatschte gestern unermüdlich unzählige Vorhänge und fünf Zugaben von dem mittlerweile 64jährigen
(Zitat: wenn man es in Celsius umrechnet, sind es nur 17).
Mit seiner Musik und der ihm eigenen lyrischen Wort-Jonglage nahm er uns Zuschauer mit auf eine Reise durch sein Leben, durch das Leben. Mit emotionaler Tiefe erzählt er von den Kleinigkeiten im Leben, dem vermeidlich Belanglosem, nebensächlichen Eindrücken, der Unvollkommenheit eines Moments. Er spielt mit den Worten, bringt sie in neue Zusammenhänge. Immer in Kombination mit einer humanen, leise kritischen Weltsicht, die aber auch nie verlernt hat, diese unsere einzige Welt durch Kinderaugen zu betrachten. Diese heitere Melancholie, diese lächelnde Wehmut - das kann keiner so
wie er. Großartige Unterstützung die Musikanten an seiner Seite. Seit 45 Jahren, seit einer Zeit, in der "Afghanistan noch Vietnam hiess", an seiner Seite der Pianist Erik van der Wurff, ein Musiker durch und durch. Begeisterungsstürme erntete auch die Gitarristin Edith Leerkes, die mit ihrem virtuosen Spiel dem Konzert eine ganz besondere, zusätzliche Note verlieh. Nicht unerwähnt bleiben sollten auch Jannemien Cnossen und Dorit Oitzinger, die beiden schönen Violinistinnen, die den Gesamteindruck gekonnt unterstützten und abrundeten.
(Nicht immer übrigens begnügt sich Hermann van Veen mit der Rolle des leisen Kritikers. Derzeit steht er unter Polizeischutz, weil er zum 9. November einen offenen Brief schrieb, in dem er Angst davor äußerte, dass die Partij voor de Vrijheid (PVV) sich in Richtung der Nationaal-Socialistische Beweging (die mit Hitler kollaboriert hatte) entwickeln könnte. Daraufhin erhielt er ungezählte Drohungen und Beleidigungen . Auf seiner Website bezieht er dazu ausführlich Stellung.)
Mein lieber Sohn, vielen Dank. Das war eine tolle Idee. Es war ein schöner Abend. Es war schön, dass Du dabei warst und es war noch schöner, dass es Dir auch so gut gefallen hat. Dir und allen anderen die van Veensche Verabschiedung:
Schlafen Sie gemütlich !