Sonntag, 13. Januar 2019

Müssen wir nicht alle mal an die frische Luft?

Review zu "Der Junge muss an die frische Luft"
ein Film von Caroline Link nach dem gleichnamigen autobiographischen Roman von Hape Kerkeling

Vorweg: Film wie auch Buch thematisieren Ausschnitte aus der Kindheit und Jugend des Komikers und Entertainers Hape Kerkeling in Recklinghausen, die auch den Suizid seiner Mutter einschließen. Ich erlaube mir hier, auf eine weitergehende Inhaltsbeschreibung zu verzichten. Für die, denen der Inhalt nicht geläufig ist (zumindest in groben Zügen dürften das die wenigsten sein ) verweise ich auf breit angelegte Artikel und Kritiken sowohl zum Buch als auch zum Film in allen gängigen Medien sowie in der Wikipedia. Verzicht auf Links aus bekannten Gründen, befragt die Suchmaschine Eures Vertrauens.  

Obwohl ich in Recklinghausen lebe, den Stadtteil, in dem Hape Kerkeling aufgewachsen ist, ganz gut und sogar einen der Protagonisten kenne, wollte ich eigentlich nicht in diesen Film gehen. Für mich würde es reichen, wenn ich den Film irgendwann auf dem kleineren Bildschirm sehe. Ich gestehe, ich bin nicht Hape Kerkelings größter Fan. Ich finde ihn sympathisch, ich fand ihn sehr talentiert als Moderator, einige seiner Komiker-Sachen fand ich fast schon genial (ich sage nur Königin Beatrix, die mal eben lekker eten wollte im Bellevue), aber vieles von dem, was er gemacht hat, war einfach nicht mein Humor. Hannilein oder Horst Schlämmer z.B. war mir ein bißchen zu drüber, kurz vor der Grenze zum genervt sein. Mein Bedarf an coming of age Geschichten ist ebenfalls seit längerem gedeckt. Auch wenn man von Leuten in dieser Stadt, die ihn von früher oder heute noch kennen, immer hört, dass er wirklich so sympathisch ist wie er rüberkommt - es reichte mir zu wissen, dass er aus einer großen, Ruhrpott-typischen Arbeiterfamilie kommt, ein frühes Trauma zu verarbeiten hat und daraus seine Motivation rührt, seine Begabung zur Komik und Unterhaltung konsequent zu nutzen. Ich musste das nicht auch noch im Kino sehen.

Meiner Aufmerksamkeit entgangen war zunächst, dass dieser Film unter der Regie von Caroline Link entstand. Als ich das erfuhr, musste ich plötzlich doch ins Kino. Unabhängig von Hape Kerkeling. Ich wäre in absolut jeden neuen Film gegangen, den Caroline Link gedreht hat. Ich liebe ihre Filme. Alle Ausnahmslos. Ihre (wenigen) Filme sind für mich absolute Meisterwerke. Kaum ein Film hat einen derart langen und nachhaltigen Eindruck bei mir hinterlassen wie Jenseits der Stille, aber auch alle anderen ihrer Filme - absolute Empfehlung. Einer wie der andere.

Und auch "der Junge muss an die frische Luft" enttäuschte mich nicht. Es ist ein typischer Caroline Link Film. Aber - was seine größte Stärke ist, ist zugleich auch seine einzige Schwäche. Nämlich, dass er genau das ist - ein typischer Caroline Link Film.

Die große Stärke der Caroline Link ist ihre Charakterzeichnung und ihre behutsame Art des Geschichtenerzählens. In jeder Sekunde ihrer Filme merkt man ihren Respekt vor der Geschichte und ihren Protagonisten. Ihr ist es wichtig, Wahrhaftigkeit erlebbar zu machen und vor allem den Figuren ihre Würde zu lassen. In jeder Einstellung merkt man die Liebe zu ihren Protagonisten sowie auch zu den Schauspielern. Sie hat mehrfach bewiesen, in wie guten Händen KinderDarsteller bei ihr sind. Ich als Mutter hätte große Bedenken gehabt, mein Kind eine solche Rolle spielen zu lassen, aber Caroline Link scheint eine der wenigen zu sein, denen man ein Kind für solch eine Aufgabe anvertrauen kann. Sie nähert sich ihren Figuren mit viel Verständnis, viel Aufmerksamkeit und ja eben Respekt. Man kann sich sicher sein, dass sie niemals jemanden bloßstellen würde. Jeder wird so gezeigt, wie er ist. Mit viel Verständnis und Zuneigung für sein Tun. Ich erwähnte bereits, dass ich einen/eine der Protagonisten ein wenig kenne und dieser/diese ist heute noch genauso, wie im Film angelegt. 

Was mir fehlte, war eine genauere Milieuzeichnung. Es war mir 'nen Tacken zu wenig Ruhrpott. Für Ruhrpott und seine Menschen war das Erzählte zu weich gezeichnet. Der Pott und seine Menschen, ihre Schnauze, ihr Zusammenhalt und ihre botte Art prägen und fangen auf. Ich persönlich denke, dass nicht nur nicht jeder dafür gemacht ist. Ich glaube auch, wer das nicht selbst erlebt, der kann es auch nicht bis ins letzte nachvollziehen. Und dieses letzte fehlte. Einzig die Ruhrgebietler Joachim Krol und Sönke Möhring konnten diese spezielle Mischung aus Herzensgüte und hart im Nehmen und Geben richtig vermitteln. Letztendlich hätte der Film in jeder Industrielandschaft, die die Republik bietet, angesiedelt sein können. Dabei hat die rheinische Tonfärbung des Jungen, der Hape Kerkeling kongenial verkörperte, noch am wenigsten gestört.

Dennoch: Der Film vermittelte das, was er wohl vermitteln wollte: wie wichtig Freunde und Familie in Krisenzeiten sind. Und natürlich auch das Verständnis für Hape Kerkeling, warum er der wurde, der er ist. Oder war, muss man vielleicht sagen. Denn nach der Veröffentlichung von "Der Junge muss an die frische Luft" hat Hape Kerkeling sich ins Private zurückgezogen. Man sieht ihn öffentlich nur noch selten, etwa bei der Filmpremiere in der Essener Lichtburg. Diesen Rückzug versteht man nach Buch und/oder Film besser. Denn die Komik und die Öffentlichkeit sind nur eine Seite des Hans Peter Kerkeling. Ein bißchen von seiner melancholischen, nachdenklichen Seite offenbarte er bereits in "Ich bin dann mal weg" - seinem Bericht über den Gang des Jakobswegs. Der melancholische Clown war Hape Karkelings Ding nie, er zeigte das, was er konnte. Alltagsbeobachtung, Menschenzeichnung, oft überzeichnet ins Groteske.

Vielleicht hat er irgendwann gedacht, mehr will, kann und muss er davon nicht zeigen. Seine andere Seite hat er erklärt, einmal. Und dann war Schluss. So einfach. Dem Vorwurf, er habe seine tragische Familiengeschichte zu Geld machen wollen, kann ich mich nicht anschließen. Er passt einfach nicht in das Bild, welches man sich von ihm macht. Ich glaube, er wollte sich erklären, verstanden werden  und Ende. Der Charakterzeichnung von Caroline Link vertrauend glaube ich das nach dem Film noch einmal mehr.

Fazit: Für Caroline Link Fans ein absolutes Muss. Für Ruhrgebietler ebenfalls empfehlenswert, wenn man sich vorher auf eine gewisse Milieu-Beliebigkeit einstellt. Für alle anderen: Keine vertane Zeit, geht ruhig rein. Der deutsche Film bietet kaum Besseres.


Freitag, 11. Januar 2019

T.G.i.F. - Phantastischer Jahresauftakt

Tach auch Liebeleins. Da sind wir wieder in unserer kleinen, aber feinen Freitagsrunde. Etwas später als geplant heute, aber ich kann nichts dafür. Der Geist war willig, allein das Fleisch war schwach oder auch watt der Körper braucht, datt holt er sich. Ich war um sieben Uhr wach und dachte so: Ach, einmal kurz umdrehen, das geht noch. Tjanun. Mahlzeit, ne!

Seid Ihr alle gut ins neue Jahr gekommen? Soweit ich sehen konnte, ja. Wir sind wie schon in den letzten Jahren mit der Wahlfamilie ins neue Jahr gewokt und haben artig alle Rituale eingehalten. Wäsche war ab vonne Leine, Miss Sophie hatte den Tigerteppich ausgelegt, den Mitternachtskrach übertönten wir mit dem einzig wahren Happy new Year Song (Abba), die drei Alibi-Raketen wurden in den Himmel geschossen und Wunderkerzen geschwenkt. Nur untern Tisch mussten wir nicht mehr. Die Ehrengästin hört nur noch das, was sie hören will. Und das Bleigießen haben wir weggelassen. Mangels Masse. Erst nachher fiel uns ein, man hätte ja auch Gold gießen können. Tjanun. Gegen all diese politische Korrektness anzukommen, das erfordert halt sehr viel Kreativität. 

Kreativität zeigte bis jetzt dafür unsere Freizeitgestaltung. Direkt zum Auftakt des Jahres gab es einen fröhlichen Wintertraum als Mädelstag. Für einen Tag war ich Prinzessinnentante in Phantasien.


War wirklich schön, kann man echt mal machen. Wenn auch anstrengend, da Phantasialand mittlerweile doch arg verschachtelt. Der Schrittzähler der Besten zeigte 13000 Schritte, was gar nicht mal so viel ist für einen Parktag. Dafür aber 36 Etagen ! In Worten sechsunddreißig! Und ein Punkt wurde abgehakt, den wir im ganzen Jahr 2018 nicht haben abhaken können: Wir waren im Kino! Der Junge musste mal an die frische Luft ! Review coming vielleicht. Vielleicht schreib ich auch erst noch 'ne gepflegte Reportage. Aus Phantasialand. Bedarf scheint es zu geben. Vakanzen auch. Sagte ich schon, dass ich ein Stück weit zur Schadenfreude fähig bin? 

War sonst noch was? Schneemassen, Regenmassen, die Ruhr hat schon Hochwasser. Der Pott meldet einfach grau, gut so. Die erste ganze richtige Arbeitswoche liegt auch schon hinter uns, unterm Strich war sie entspannter als meine zwei freien Wochen vorher. Ich hätte mich besser nicht so über den Teilzeit-Jackpot gefreut, das konnte ja nicht gut gehen. Die Fütterung all der altrosa und neupinken Elefanten hat noch mehr Kraft gekostet als vorher befürchtet. Aber vorbei.

Schauen wir nach vorne. Ein bißchen was zur gepflegten Ablenkung wartet wie in jedem Januar auf uns. Hallo Murwillumbah. Wir sind bereit. Heute abend direkt das erste liebgewonnene Ritual. Die Assigen stehen in den Startlöchern und werden gemeinsam den ekeligen Einzug zelebrieren. Rituale - so wichtig. Diesmal kenne ich übrigens genau eine im Dschungel. Eine Stimme, um präzise zu sein. Die des Haustiers von Willie und Kate. (Tanner! Nicht Windsor) Wo ich übrigens ebenfalls genau einen kannte, nämlich den Torhüter auf der Ersatzbank: beim Eröffnungsspiel der Handball-WM. Wann genau bin ich eigentlich so aus der Zeit gefallen? Auf der Höhe der Zeit hingegen wie immer:

Die Statistik: 

Frommer Wunsch der Woche: Einmal Langeweile! Das wär's ....
 (©Ethniesoph auf Twitter) 
Stoßseufzer der Woche: Draußen wird geknallt. Wie lange 
hab ich geschlafen? (©KTackiaufTwitter) 
Dank der Woche: ging an alle, die viel Geld für's Feuerwerk ausgegeben haben. 
Wir haben uns sehr gefreut (©SimiSchalke auf Twitter) 
Prognose der Woche: Man sollte sein Geld in Steuern anlegen. Die steigen immer.
 (©Monty, Earl of Grey auf Twitter) 
Plan der Woche: Eigentlich wollte ich mein Leben lang im
 KliKlaKlawitterbus mitfahren (©MeinolfsSchwester auf Twitter) 
Vernissage der Woche: 
©HerrSpieler7 

Allen ein schickes Wochenende.
Besucht keine Vernissage, die ich nicht auch besuchen würde.

(Wie immer gilt: Wer Tippfehler findet, kann sie behalten)